den. fleckigen grauen Sitz sinken. Das Restaurant roch viel besser, als es aussah. „Aber für mich von allem bitte gleich die doppelte Portion."
„Das Restaurant führt verschiedene chinesische Biere, falls Sie Lust auf ein Bier haben?"
„Ich trinke nicht."
„Ist das nicht außergewöhnlich? Mir ist immer gesagt worden, ihr wärt eine ziemlich hart trinkende Bande."
„Das mag für einige Polizisten auch zutreffen." Der Kellner stellte vor die beiden eine Teekanne aus rostfreiem Stahl, die grünen Tee enthielt. „Aber viele haben auch andere Methoden entwickelt, mit dem Streß und der Belastung umzugehen."
Fasziniert sah er zu, wie sich ihre Brauen hoben: wie die Flügel eines schlanken, schwarzen Vogels. „Was tun Sie, Detective?"
„Ich streite mich mit einer Freundin."
Sie blinzelte verwundert. „Wie bitte?"
„Ich streite mich lautstark kreischend mit einer Freundin."
„Mit einer Freundin, die zurückkreischt?"
Celluci grinste und stellte fest, daß er anfing, sich wohlzufühlen. „Aber gewiß doch! Das ist immer sehr erfrischend." Er zog seine Einwegeßstäbchen aus dem Papier und brach das Paar in zwei Einzelteile. „Mir fiel gerade ein, daß ich ja gar nicht weiß, wie Sie heißen."
Die Wangen der Ärztin färbten sich knallrot. „Oh Gott, das tut mir leid! Ich heiße Eve Seto."
„Das muß Ihnen nicht leid tun. Sie sind doch ohnehin nur mit mir essen gegangen, weil die alten Männer in der Klinik gewettet haben, Sie würden es nicht tun."
„Das war so offensichtlich?" Mike wartete, bis der Kellner den Teller mit den Frühlingsrollen und eine flache Schale mit schwarzem Bohnenbrei auf den Tisch gestellt hatte. Dann zuckte er die Achseln. „Ich bin in meiner Familie der einzige Mann in meiner Generation und habe eine dreiundneunzig Jahre alte Großmutter. Glauben Sie mir: Ich kenne mich aus mit der Macht des Alters."
Dr. Seto starrte Celluci einen Moment lang unverwandt an, legte dann die Hand vor den Mund und lachte laut los.
Cellucis Frühlingsrolle befand sich auf halbem Weg Richtung Soße, als der Detective plötzlich feststellen mußte, daß ihm das Atmen schwerfiel. Eine sexuelle Reaktion war das nicht wirklich. Es war eher so, daß die Schönheit der Frau ihm gegenüber seine volle Aufmerksamkeit beanspruchte und kein Spielraum mehr blieb für so alltägliche Verrichtungen wie Einatmen und Ausatmen. Nach einer Weile zwang er sich, die Frühlingsrolle in das Mus zu tauchen, zu beißen, zu kauen und zu schlucken und in dieser banalen Beschäftigung mit dem Essen gelang es ihm, zumindest einen Teil seines Gleichgewichts wiederzufinden.
In bezug auf neue Erkenntnisse in der Ermittlung erwies sich das Mittagessen als Pleite. Der Ton der Unterhaltung blieb leicht und spielerisch; Dr. Seto schien darüber eindeutig erstaunt und erleichtert zu sein.
Auf dem Weg zurück zur Klinik fielen Celluci keine Belanglosigkeiten mehr ein, die er noch hätte zur Konversation beisteuern können, und so war er froh, als die Ärztin mit der einen Hand ihre Augen abschirmte, mit der anderen auf die gegenüberliegende Straßenseite wies und nachdenklich meinte: „Ich wüßte ja zu gern, was da drüben vor sich geht."
Da drüben, vor dem chinesischen Kulturzentrum, hatte gerade ein leuchtend gelber Übertragungswagen auf dem breiten Bürgersteig eingeparkt und war dabei, Unmengen elektronische Ausrüstungsgegenstände auszuspucken.
„Als würde man den Clowns im Zirkus zusehen, wie sie aus ihrem winzigen Auto purzeln", meinte Celluci bewundernd, als ein Stapel schwarzer Kästen aus dem Auto bugsiert wurde und auf einem Turm aus identischen, ebenfalls schwarzen Kästen landete, der bereits den Bürgersteig schmückte und jeden Moment umzustürzen drohte. Ein dürrer Mann mit Pferdeschwanz ließ die Kabel fallen, mit denen er sich gerade abmühte und rettete mit ein paar raschen, gezielten Handgriffen in letzter Sekunde den Kastenturm. Danach begann der Mann einen angeregten Streit mit jemandem, der sich noch im Wagen befand, aber dieser Streit endete, ehe er noch recht in Schwung gekommen war, denn nun kam Patricia Chou aus dem Kulturzentrum gestürmt.
Sekunden später waren alle wieder an der Arbeit; Kabel wurden verlegt, Geräte ausgeladen. Dr. Seto wirkte angetan. „Was sie wohl gesagt hat?"
„Sie kennen Ms. Chou?" Mike meinte, das aus dem Tonfall der Ärztin herausgehört zu haben.
Die Ärztin nickte. „Sie hat vor zwei, vielleicht drei Monaten eine Reportage über meine Klinik gemacht. Im großen und ganzen auch eine wohlwollende Reportage. Trotzdem kam ich mir hinterher ein wenig so vor, als sei ich ohne Narkose operiert worden." Als sie weitergingen, klang Dr. Seto nachdenklich. „Aber daß Sie sie auch kennen, das erstaunt